Freitag, 12. Juli 2013

Sommerurlaub...


Hochverehrte Leserschaft,
die Universität Leipzig hat ja gerade Schlagzeilen damit gemacht, dass auf höchst  „rektorale (nicht rektale!) Anordnung“ hin alle Anreden und Anschreiben nur noch grundsätzlich in der weiblichen Form zu tätigen sind. Bitte sehen Sie mir nach, dass ich nicht jeden Schwachsinn mitmache, denn sonst würden Sie mir vielleicht lauter Schmäh-BriefInnen und –briefe schreiben, die zu beantworten ich weder Lust noch LaunInnen hätte. Aber eigentlich wollte ich mich zusammen mit Ihnen auf die nun langsam bevorstehende „Schönste Zeit des Jahres“, den Urlaub, einstimmen. Die Gewerkschaften haben schließlich lange dafür gekämpft, Urlaub für die Werktätigen überhaupt erst ins Bewusstsein der Arbeitgeber zu zwingen und so haben wir nun die tariflich zugesicherte Anzahl von Tagen und Wochen, die uns – bitteschön! - so erholen lassen sollen, dass unsere Arbeits- und Schaffenskraft auch erhalten bleiben möge. Seltsamerweise ist es weder bei uns Schweinen noch bei den Menschen wirklich angekommen, dass man sich eben in erster Linie auch erholen soll. Nein, Urlaub ist auch zunehmend Stress.

Kennen Sie es nicht auch aus dem eigenen Stall?  Kaum schiebt  Mutter Sau die letzen Bikinis und Tank-Tops vom vergangenen Mallorca-Urlaub in den Schonwaschgang (denn nur der Waschgang wäre ja schließlich Schuld, wenn sie im nächsten Jahre zu knapp auf der Schwarte säßen…) da steht schon wieder die Frage des nächsten all-inclusive. Sonnentankens in mediterranem Ambiente oder auf den Sauchellen im Raum.  Nach dem Urlaub ist vor dem Urlaub und so werden kaum zu widersprechende Argumente wie Frühbucherrabatte, bloß nicht auf letzte Minute ein Hotel, das hauptsächlich von Erlebnishungrigen mit Pass jenseits des Urals frequentiert wird, oder einfach nur „…wenn wir uns wieder so spät entscheiden gibt es von hier aus gar keine Flüge mehr und wir müssen bei meiner Schwester in Frankfurt vor Abflug übernachten“, ins Feld geführt.  Schwere Kaliber eben! Ich persönlich liebe es ja in endlosen Schlangen wartend an den Schaltern der Billigfluglinien zu stehen. Da kann man herrlich Tätowierungen, die unter neonfarbenen T-Shirts oder dreiviertel-langen Jeans herauslugen, studieren, jede Menge Metall, das durch den Körper dekorativ gestochen wird bewundern, oder man beobachtet XXL-Kids bei einem letzten, schnellen Cheeseburger mit Cola bevor sie durch die Sicherheitskontrolle müssen und der Burger bis dahin mindestens von der Hand in den Mund sein muss.  Da gibt es berufsjugendliche Früh-Pensionärspaare, die im rührend-dämlichen Dieter-Bohlen-Outfit darauf warten in den Flieger zu kommen um sich zum nunmehr 25. Male mit Gleichgesinnten am Ballermann zu vergnügen. Aber „ jeder nach seiner Fasson “, wie schon Eberich der Große liberal zu formulieren wusste.

Schwamm drüber, es ist schließlich Ferienzeit in Wohlstandsdeutschland. Koffer werden gepackt, Pässe herausgekramt und man freut sich auf die angepriesenen Hotels in den bunten Pauschalreisekatalogen, die man ja meistens schon buchen musste, wenn die Rüssel noch rotgefroren im Reisebüro zur Winterzeit tropften. Nun ist es auch an der Zeit, dass besorgte Familieneber ihre Kombis noch ´mal schnell bei dem Vertragswerkstall auf lange Autobahnfahrtauglichkeit überprüfen lassen. Kaum etwas schreckt den Kfz-technisch Unbedarften mehr als die Vorstellung, mit einem Auto voller ungeduldiger Ferkel, einer genervten Holden und jede Menge Gepäck vom Gummiboot bis zur Gasflasche, vom Fahrradträger bis zum Schlechtwettervorsorge – Spielekoffer, hilflos auf der Autobahn irgendwo zwischen Binz und Bozen oder Grunzenhausen in Niederbayern liegenzubleiben und mit lächerlicher Neonweste über den Borsten und Warndreieck auf die Gunst der Gelben Eber vom ADAC warten zu müssen. Als äußerst zweckmäßig sind die DVD- Spieler zu empfehlen,  die man an den Rückseiten der Kopfstützen anbringen kann und die die turnusmäßig wiederkehrende Frage „ …wann sind wir endlich da?“ auf ein Mindestmass reduzieren können. Stressresistent muss man schon sein, wenn man sich zur sommerlichen Ferienzeit mit dem Auto durch Baustellendeutschland staut. Diese kilometerlangen „Wir bauen für Sie…“ Kunstwerke mit schmalen, orangeroten Fahrbahnmarkierungen erinnern mich immer an Stillleben, nur selten gestört durch die Anwesenheit arbeitender Werktätiger. Dann gefolgt von Staus in Ulm, um Ulm und um Ulm herum, bevor wir uns alle wieder vor dem Brenner zu kurzweiligen Gesprächen in der Wartezone treffen. Schön, dass es alle vereint, ob Cayenne oder Käfer, ob Holländer mit Wohnwagen oder Cabrios mit italosüchtigen Kegelschwestern aus Rüsseldorf.

 Wissensdurstiger Ferntourismus war eigentlich nie unser Ding, lieber Calamari als Kalahari,  lieber Gelato am Touri-Strand als gekidnappt im Wüstensand. Ich bin und bleibe ja Bella Italia- Fan... „Pig Berlin“ macht es ja möglich, einmal zum „Stiefel“ und zurück für schlappe Hundert Euro plus Kerosinzuschlag…. Aber es ist doch immer wieder etwas Besonderes sich von der mediterranen Lebensweise begeistern zu lassen. Beim Espresso unter Palmen auf der Piazza mit vollem Pizza- oder Pastabauch wohlwollend die holde, eingeborene Weiblichkeit auf ihren 14 cm- Keulenverlängerungen vorbeistöckeln zu sehen, die dunklen Mähnen eberwirksam nach hinten werfend….Da vergisst man den eisgrauen Himmel der Lüneburger Weide im Januar oder einen verregneten Novembertag in der übersichtlichen Fußgängerzone von Schweinfurt…Die Italiener sehen alles viel gelassener auch wenn sie mit ihren Motorrollern jeden bundesdeutschen Verkehrspolizisten zum Herzinfarkt bringen würden oder mit ihren Fiats die Altstadt so zuparken, dass eine zumeist übergewichtige „Knöllchenhostess“ mitteldeutscher Ordnungsämter stark suizidgefährdet ihren Dienst quittieren müsste.

Auch wenn Urlaub immer mit Aufregung, Reisefieber und durchaus auch mal Stress verbunden sein kann, so sind es dennoch wertvolle Wochen des Ausspannens, die jedem gut tun, und die man nicht einer Eigenperzeption scheinbarer, beruflicher Unersetzbarkeit ständigen Kürzungen unterziehen sollte oder gar ausfallen lässt. Das sage ich mir immer wieder gerne, wenn ich pünktlich zu Urlaubsbeginn an der Zapfsäule die Preise steigen sehe oder zunächst mit dem Stau am Kamener Kreuz leben muss bevor ich mich dem Kreuz des Südens erholungssüchtig nähern darf oder auf dem Großflughafen von Mallorca ausgerechnet mit den Meiers von nebenan zufällig in der Pommesschlange bei Würger King anstehen muss. Aber egal….. wir freuen uns schon jetzt auf die Herbstferien…Ihr EvP



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