Verehrte Leserschaft,
wie einfach liest sich doch diese Überschrift und wie tief ist sie in unserem kollektiven Erinnerungsvermögen mit einem Ehrbegriff verwoben, dass man oder eber auch tut, was man sagt und es nicht beim Sagen belässt oder weder etwas sagt noch es tut, obwohl man es sagen und tun sollte, besser vorher auch (an)sagen und tunlichst das Tun dem Sagen folgen lassen sollte!
Sie sehen, schon begeben wir uns auf das alltägliche Glatteis des klassischen „Sender-Empfänger-Modells“ der Kommunikationswissenschaft der 40er Jahre des vergangenen Jahrhunderts.
Ich wage ja schon gar nicht „Ein Mann, ein Wort!“ zu zitieren, denn das würde ja einen Großteil der Gesellschaft, die entweder weiblich, divers oder eben ein Prachteber wie ich sind, ausklammern und uns bar jedem Vorschuss an Ehrwürdigkeit im Regen der mangelnden Glaubwürdigkeit stehen lassen.
Aber warum sage und tue ich das, Sie heute mit diesen meinen Ansichten moralisch zu behelligen?
Ich denke einfach nur darüber nach, wie wenig diese „ehrbaren“ Vorsätze - oder sollte ich besser sagen Grundlagen - heute offenbar noch Gewicht haben, bzw. wie mühelos sie auf politischen, religiösen, egomanischen, machtgierigen, menschenverachtenden oder selbst privaten oder partnerschaftlichen Altären geopfert werden. Jeden Tag, in jeder Situation, oft unbewusst oder fahrlässig und dennoch viel zu oft zielgerichtet und vorsätzlich.
Im Mittelalter galt das „gegebene Wort“, dem oft der Handschlag folgte, als juristisch wasserdicht. Kaufmännische Verträge und selbst Ehen wurden so rechtsverbindlich und zeitlos bestätigt. Brüche dieser ehernen Gesetzmäßigkeit konnten sehr schnell bei ruchbar werden drastische Folgen für den Betreffenden haben. Vielleicht hatte er hinterher gar keine Hand mehr, die er geben könnte oder keine Zunge, die ein erneut zu gebendes Wort artikulieren könnte….
Okay, zurück zur Jetztzeit. Das wäre ja schlimm, wenn man so drakonisch vorgehen würde wie unsere Altvorderen; stellen Sie sich nur vor, wie viele stumme und verstümmelte Amts- und Würdenträger wir in Führungspositionen in Politik, Wirtschaft, Kirche usw. hätten…
Aber schon damals wie heute gilt und galt ja, dass die Gesetze selten für die Anwendung finden, die sie gemacht haben.
Kommen wir aber zu erfreulicheren Themen zurück, auch wenn die augenblickliche Zeit mit der Geißel der Corona-Pandemie uns allen viel abverlangt, also: wieder den meisten natürlich nur.
Globalen Gewinnern wie dem Versandhandel-Gigant „Pigazon“ und meiner Nachbarin, Frau S., die jetzt nur noch grundsätzlich ungeschminkt und im Bademantel, statt im kurzem Schwarzen und aufgetakelt wie eine Fregatte der Spanischen Armada ihren beruflichen Tätigkeiten digital im Home-Stall nachgeht, gefällt die augenblickliche Fast-Lockdown-Situation durchaus gut. Jedenfalls ist das mein Eindruck. Es macht sich ein ganz neues Feeling breit. Keine verstopften Einfallstraßen in die Stadtzentren und Büroburgen morgens und abends, aber auch keine After-Work-Drinks mit den Kolleginnen und Kollegen, die es sonst ja gar nicht so schnell nach Hause zog in der guten alten „Vor-Corona-Epoche“, als man einen wohlverdienten PigTonic noch ohne „RüSchnaSchu“ (Rüsselschnauzenschutz) abendlich genießen durfte.
Jetzt heißt es aber durchhalten und Gesäßbacken zusammenkneifen, dass ein Zwei-Euro-Stück dazwischen seine Prägung verliert und darauf hoffen, dass man uns im bevorstehenden Wahljahr 2021 mehr Freiheiten lassen wird, bevor man entweder einen Impfstoff gefunden hat, der uns immun macht ohne dass man dabei Nebenwirkungen wie vorzeitiges Ableben in Kauf nehmen muss, oder man mit weiteren Wellen des Anstiegs der Infektionen – bitteschön erst nach Schließung der Wahllokale! - rechnen muss.
Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg, auf dem wir uns von Vielem liebgewonnenen erst einmal verabschieden müssen.
Dazu gehören Frühbucherrabatte auf Urlaube, nicht in tumben deutschen Mittelgebirgsprovinzen und Baggerseen, sondern am blauen Meer im mediterranen Sonnenschein, wo man die gebräunten Schwarten der jungen Sauen mit superknappen Pikinis über den Zitzen an sich vorbeistöckeln lassen kann. Oder ordentlich abfeiern mit den Kegelschwestern von „GutHolzPunktZwo“ aus Rüsselsheim, die man sonst alljährlich extra angereist beim Karneval in Schweinfurt treffen konnte… Ich gerate ins Schwärmen hier in meinem bequemen Sessel als selbst zum Zuhause Bleiben verdammter Angehöriger der „Risikoebergruppe“ im besten Alter, sitze ich entspannt neben der Ferkelwärmelampe im Stall. Mein Blick durchs Fernglas ruht heimlich auf Frau S. im Nachbarstall, die gerade „Pigs in the City“ auf heimischer Flatscreen schaut, wo Damen ihre Kleider gerne und oft ablegen, während Frau S. Kunden virtuell beim Anlegen von Devisen berät… Schöne neue Welt.
Aber das (regelmäßige) Beobachten von Frau S. hat ganz neue – und dabei doch schon so alte – Lebensqualitäten aufleben und vaterländisch erprobte Tugenden wieder an Ansehen gewinnen lassen. Endlich kann man wieder ganz offiziell beobachten, ob sich die Nachbarn und das Umfeld auch wirklich an die Corona bedingten Auflagen halten oder nicht. Familientreffen bei Familie S. aus dem ganzen Bundesgebiet oder Saufgelage bei dem halbwüchsigen Ferkel von Familie F. mit den Fußballkumpels? Aber nicht mit mir, dem stets wachsamen Eber Ihres volksgesundheitlichen Vertrauens!
Ja, wo kämen wir denn auch hin, wenn hier jeder machen würde, was er, sie oder es wolle? Wir alle müssen uns doch einschränken. Nix mit Dienstreisen zu Kongressen mit besten Caterern und jungen Praktikantinnen nach Eberswalde und nix mit am Strand träumen in der DomPigRep, ganz zu schweigen von einem Besuch der Pariser Pigalle oder Kletterurlaub in der Schweinz…..seufz. Und da ist es doch absolut nur richtig und erste Bürgerpflicht, dass man die Covidioten und Virenschleuderer, Superspreader und Hygieneignoranten auch dem weltlichen Arm der Gerichtsbarkeit willfährig und beweiskräftig zur Bestrafung übergibt. - Tja, Familie S., nix mit neuem Gewächshaus hinterm Carport im - dank Home- /Stall-Office blitzblank gepflegtem - Gartengründstück. Jetzt muss man die Kohle gemäß dem gesalzenen Bußgeldkatalog möglicherweise in absolut nicht zurückforderbare Staatsanleihen anlegen…hihi. Selbst schuld! Grunz!
Und Familie F. wird schon sehen, was Ihnen die Homeparties im scheinbar schalldichten Partykeller (der meinen restlichtverstärkenden Spezialgläsern vom Militaryshop offenliegt wie eine frisch aufgeschnittene Grapefruit beim Türken) noch einbringt, bzw. noch kosten wird. Ihre rotzfrechen Teenagerferkel haben sowieso nie gegrüßt….
Ach, liebe Leserin, Sie sagen das kennen Sie doch irgendwoher? Sie sagen Hexenjagd, Stasi, GeStaPo, Denunziantentum? Jetzt werden Sie ´mal nicht unverschämt! Sie rütteln an erprobten deutschen Tugenden! In Österreich darf man sich zum Beispiel ab 20.00 Uhr abends nicht mehr in fremden Wohnungen aufhalten. Dort würde man der lebenslustigen Frau M. von vis-a-vis schon das Handwerk legen, wenn der verheiratete Baumaschinenvertreter erst spät kommt um Ihr bestimmt nicht mit der neuen Heckenschere ihre Wiese zu mähen……. Und, lieber Leser, mich wundert ´eh schon warum Sie so oft in der Woche erst nach der Tagesschau Ihr automatisches Garagentor unauffällig wie ein Dieb aufmachen und es sofort wieder zu machen noch bevor Sie aussteigen. Denken Sie nicht, dass mir das nicht schon länger auffällt!
Ja ja, erst in der Krise stählt sich der Charakter und man weiß, worauf es ankommt. Die Wächter der Volksgesundheit wissen, dass sie sich auf meine staatstragenden Tugenden vollumfänglich verlassen können.
So, jetzt werde ich mir erst einmal ein Paket Nudeln aus dem Safe im Keller holen, es ist bei den Nachbarn „Saure-Gurken-Zeit“, fast keiner Zuhause. Da nutze ich die Gelegenheit gerne zur Aufnahme von Verpflegung in der Gefechtspause. Ja, wir sind im Ausnahmezustand und es besser für Sie, es schnellstmöglich einzusehen. Ist Ihnen eigentlich klar, dass Ihre Frau jeden Morgen, wenn Sie das Haus verlässt scheinbar seeehr angeregt übers Handy mit irgendjemanden quatscht? Und das OHNE MASKE! Meine neues PigPhone hat alles dokumentiert. Also mir würde das zu denken geben, aber ich will ja nichts gesagt haben…
Bleiben Sie gesund und wenn nicht, sagen Sie mir einfach Bescheid. Es bliebe mir ja eh´ nicht verborgen. Ich kann schweigen wie die Tonne Klopapier in meinem Keller….
Ihr / Euer
Eberhard von Porcus